Sonntag, 13. April 2014

Basislatschen

"Was machst denn du da?" erkundigt sich Moritz, der auf meiner Schulter sitzt und an meinen Haarspitzen knuspert. "Guck weg!", knurre ich. "Ich ändere das Passwort." "Was ist ein Passwort?", will er wissen. "Steht das in deinem Pass?" "Nein", antworte ich, "die Buchstaben- , Sonderzeichen- und Zahlenkombination, die ich eintippen muss, um auf ausschließlich mir vorbehaltene persönliche Seiten zu gelangen, heißt nur so. Vielleicht, weil es sie genau wie meinen Pass nur einmal gibt. Oder weil ich sie mir ausdenke und sie genau zu mir passt." "Hm. Warum änderst du sie dann?", hakt er nach. "Weil es sein könnte, dass jemand sie ausgespäht und nun unbefugterweise Zugang zum Konto hat", erkläre ich. "Arrgh!", schreit er auf, "zu unserem Konto? Mit unserem Geld?" "Na ja", werfe ich ein, "eigentlich ist das mein Geld, aber stimmt schon, ihr lebt davon mit." "Dann gucke ich nicht weg!", protestiert er. "Dieses Passwort muss ich auch wissen." "Dieses Passwort musst du nicht wissen!", gebe ich Kontra. "Das Konto verwalte ich ohne euch. Guck weg!" "Ich gucke nicht weg!", piepst er ärgerlich. "Ohne Neugier und Wissensdurst wäre ich überhaupt keine Ratte!" "Oh, du wundervoll neugierige und wissensdurstige Ratte! Ich liebe dich", sage ich, huste gekünstelt, puste mit der dabei ausströmenden Luft einen zerknüllten Kassenbon vom Tisch und flüstere sodann scheinheilig vor mich hin: "Mist, jetzt habe ich das mühevoll ausgetüftelte Passwort, das ich eingeben will, vom Tisch geblasen." Schneller als der Wind springt Moritz dem Zettel hinterher. Die Zeit, die er benötigt, um zu bemerken, dass er hinter's Licht geführt wurde, nutze ich, um mein Passwort für's online-Banking zu ändern, und sehe dann, wie der verdrießliche Moritz zu seinen Brüdern schleicht, die sich unterm Bett um irgendetwas zanken, das sie dort gefunden haben, obwohl es wahrscheinlich keinem von beiden gehört. Das Gezänk endet abrupt, verschwörerisches Wispern dreier pubertierender Brüder tritt an seine Stelle. Zu dritt kommen sie kurz darauf im Gänse- bzw. Rattenmarsch zu mir, springen auf den Tisch, reihen sich neben dem Laptop auf und blicken mich bitterböse an. Ich versuche, bitterböse zurückzugucken, muss aber grinsen. Ihre Blicke verfinstern sich noch stärker und Dachs hebt zu sprechen bzw. zu drohen an: "Sofort zeigst du uns das Passwort!" "Nö", erwidere ich. "Doch", fordert er. "Nö", wiederhole ich mich. "Doch", beharrt er auf seinem Standpunkt. "Wir wollen wissen, was du so kaufst." "Na, das dürft ihr", räume ich ein. Da ich noch eingeloggt bin, klicke ich lediglich auf die Umsatzübersicht und sie lesen. "Was hast du im Futterhaus gekauft?", fragt Max. "Basislatschen?" Ich runzele meine Stirn. "Wie kommst du auf Basislatschen? Im Futterhaus kaufe ich Futter für euch, aber für niemanden Latschen." "Steht doch aber da", behauptet er und zeigt auf die Buchung von 10,71 €.


"Du musst schon richtig lesen!", entfährt es mir und ich lache. "Da steht nicht Basislatsch, sondern Basislastsch., was die Abkürzung für Basislastschrift ist. Unser Konto wurde mit 10,71 € belastet, als ich für das Ratten-Premiumfutter und den Nager-Vitamingrastunnel mit EC-Karte bezahlt habe." "Stimmt, das Futter schmeckt in letzter Zeit besonders lecker", gestehen Dachs, Max und Moritz. "Aber dass diese komische grüne Röhre fressbar ist, muss man doch gesagt kriegen..." Drei Ratten-Jugendliche hoppeln zurück in den Käfig, in dem die beiden Erwachsenen, die nach ihrem Spaziergang durch die Wohnung längst zurückgekehrt sind, gesättigt liegen und schlafen, und fressen sich durch die Wände des Nager-Vitamingrastunnels, den sie bisher nur zum Verstecken genutzt hatten. "Basislatsch", schmatzen sie übermütig laut. "Gut, dass wir Kontoeinsicht gefordert haben. Sonst wüssten wir nicht, was wir hier Leckeres haben." "Sprecht nicht mit vollen Mäulchen bzw. Schnäuzchen", grummelt Vater Rabatz im Schlafe und dreht sich auf die andere Seite.

Freitag, 4. April 2014

Handwerker im Keller ersparen den Wecker

"Was ist denn jetzt los?", entfährt es mir, als ich um 07:45 Uhr davon aufwache, dass es in der gegenüberliegenden Zimmerecke zwischen Schrank und Außenwand zu poltern und unter diversen alten Farbschichten und Tapetenresten meines Vormieters, die dort noch kleben, zu knistern beginnt. "Was machen die verdammten Biester?!" So schnell, wie meine ramponierten Knochen und abgenutzten Gelenke es zulassen, springe ich aus dem Bett und schaue zum Käfig. Er ist verschlossen. Aus dem Käfig gucken 5 Ratten zu mir, dann zu der Ecke, in der es rumort, wieder zu mir, dann zur Zimmerecke... "Mit den Biestern meinst du nicht etwa uns?!", droht Ratz halb beleidigt fragend, halb anklagend. Es dauert noch einen Moment, bis ich endgültig wach bin, dann erwidere ich: "Nein, ich vermute, ich meine damit die Handwerker im Keller." Ich gehe zur Lärmquelle und sehe, dass das Rohr, das dort im Fußboden steckt und ca. 10 cm überm Fußboden rechtwinklig abgeknickt, aber nirgends angeschlossen ist, sondern nach weiteren 10 cm einfach endet, von dem ich noch nie wusste, wozu es eigentlich dient, sich dreht und mit dem abgewinkelten Ende abwechselnd gegen den Schrank und die Wand schlägt. Ich begebe mich also in den Keller - wie gut, dass ich in Leggings und Sweatshirt zu schlafen pflege, und nicht in herkömmlicher Schlafkleidung - und erkläre den Handwerkern, die dort am Rohr rütteln, um es herauszuziehen, dass sie bitte von meinem Zimmer aus und in die andere Richtung weiterziehen mögen, das sei erfolgversprechender, denn das Rohr habe oberhalb der Kellerdecke, die von der Rückseite mein Fußboden ist, einen Knick. Die Handwerker glauben mir zunächst nicht. "Soll ich ein Beweisphoto anfertigen und Ihnen bringen?", erkundige ich mich. Sie verneinen und einer der beiden folgt mir. Mürrisch zieht er das Rohr aus dem Boden und brüllt zu seinem Kollegen hinunter: "Bring ma Sprühschaum!" Der Kollege kommt mit dem Gewünschten. Beide bleiben vor dem Käfig stehen und glotzen hinein. 5 Ratten glotzen zurück. Kopfschüttelnd geht einer der Handwerker den Sprühschaum in das Loch im Fußboden sprühen, wo vorher das Rohr war, während der andere mich fragt: "Dit sind aber keene Ratten, oder?" "Doch", sage ich und füge, da er sehr entsetzt schaut, hinzu: "Nachkommen von gezüchteten Laborratten. Die sind nicht giftig, beißen nicht und übertragen keine Krankheiten." "Und imma wenn die Kinda machen, müssen se die och wieda züchten?" "Nein", erkläre ich, "die Kinder erben das Gezüchtete von ihren Eltern. Aber die 5 hier machen untereinander keine Kinder, denn sie sind alle Männer." "Ach, da sind die wohl schwul, wa?!", ruft er aus und den 5 Tieren stehen vor Entsetzen die Mäulchen bzw. Schnäuzchen offen. Ich ringe mir ein Lächeln ab und bin froh, dass sein Kollege inzwischen mit dem Verschließen des Loches fertig ist und man sich höflich, aber bestimmt verabschieden kann. Als die Wohnungstür geschlossen ist, findet Ratz als erster seine Sprache wieder. "Du hast Recht", murmelt er. "Die Handwerker sind Biester." Wir lachen zu sechst ein befreiendes Lachen, bis mein Wecker klingelt, den ich ausdrücke mit den Worten: "Dich braucht heute keiner mehr. Aber ich brauche jetzt Kaffee." "Und wir?", piepsen 5 Ratten. "Ihr braucht Käse", lege ich fest und öffne den Käfig, damit sie mir in die Küche folgen können.

Dienstag, 1. April 2014

Bruderliebe

Dachs und Moritz kuscheln

Rattenrudel Raspelzahn

"Das habe ich nun davon, dass ich euch großzügig Auslauf gewähre!", schimpfe ich. "Wer war das?"


Mäuschen- , nein Rättchenstille breitet sich im Zimmer aus, bis Moritz sie nach einigen qualvollen Minuten mit zaghaftem Stimmchen beendet: "Also das Loch in die Decke geknabbert haben meine Brüder und ich, aber die Rosinen hinzugefügt hast du." Hörbare Heiterkeit tritt an die Stelle des vorherigen Schweigens.