Mittwoch, 2. August 2017

Nüsse im Käsemantel an Basilikum mit Joghurt

"Na, ihr drei", sage ich, als ich nach Hause komme, meinen Rucksack neben den Käfig stelle und eben diesen dann öffne, um die Tiere zu begrüßen, "ich soll euch etwas ausrichten." Sie hocken jedoch schmollend nebeneinander in der von mir weitestmöglich entfernten Käfigecke und schauen mich bitterböse an. Oh, wenn Blicke töten könnten! Nach einer gefühlten Ewigkeit des versuchten Mordens steckt Knut dann eines seiner Vorderpfötchen durch das Käfiggitter nach draußen und zeigt vorwurfsvoll auf den hinter ihm im Regal über meinem Bett stehenden Wecker. "Ja", seufze ich gespielt reumütig, "es ist etwas spät geworden." "Fast schon früh", nörgelt Kunz. "Es sind noch 1 ½ Stunden bis Mitternacht", rechtfertige ich mich. "Nicht noch, sondern nur noch", mault Hinz. "Meine Güte, nun regt euch mal nicht so auf", stöhne ich. "Ich habe mit Maja zusammen auf ihrem Balkon gesessen, gequatscht und gegessen. Das wird ja mal sein dürfen! Den Rest der Melone, die aufzuessen uns beim besten Willen nicht mehr möglich war, habe ich euch übrigens mitgebracht." "Das ist ja wohl das Mindeste!", meckert Hinz und weist mich an: "Schneide sie bitte in mäulchen- bzw. schnäuzchengerechte Stücke und gib sie uns!" Ich gehorche. "Da ihr die Melone nicht mehr geschafft habt, was gab es für euch denn sonst noch so?", erkundigt sich Kunz schnippisch. "Nussbrot mit Avocadocreme und Salat", antworte ich. "Nussbrot mit Avocadocreme und Salat?!", schreit Knut entsetzt. "Und wir bekommen wässrige Melone?!" Ich gehe auf seine Worte nicht näher ein, sondern wechsle das Gesprächsthema: "Übrigens haben wir uns über Vor- und Nachteile von Grundeinkommen unterhalten und Maja möchte gerne wissen, was ihr, wenn ihr eines hättet, damit tun würdet." "Soso, diese Frage also ist es, was du uns ausrichten sollst", konstatiert Hinz. "Gutes Essen kaufen natürlich", erklärt er sogleich, womit wir wieder beim Essen wären. "Habt ihr doch jetzt auch", entgegne ich. "Mehr gutes Essen kaufen", konkretisiert Kunz die Aussage seines Bruders. "Ihr seid doch aber schon...", beginne ich eine Erwiderung, aber Knut fällt mir erregt ins Wort mit: "Du sagst jetzt nicht fett!" Ich schweige betreten und frage erst einen Moment später vorsichtig: "Wovon würdet ihr denn mehr kaufen?" "Nüsse...Käse...Joghurt", piepsen sie freudig durcheinander. "Aha", resümiere ich, "hat Maja mit ihrer Vermutung also fast recht gehabt." "Was hat sie denn vermutet?", hakt Knut nach. "Nüsse im Käsemantel an Basilikum mit Joghurt", führe ich aus. Drei Ratten nicken andächtig.

Dienstag, 1. August 2017

Crowdhörnchen

"Na", frage ich, indem ich mich vom Computer ab- und den Tieren zuwende, als die drei hinter mir im Käfig zu lärmen beginnen und sehr offensichtlich meine Aufmerksamkeit wünschen, "was denkt ihr wohl, wie heiße ich?" Sie hören augenblicklich auf zu krakeelen und schauen mich ziemlich entgeistert an. Knut findet als erster die Sprache wieder und antwortet etwas schnippisch: "Miriam." "Okay, stimmt", entgegne ich, entkräfte die Aussage jedoch sogleich, indem ich hinzufüge: "Meine ich aber gerade nicht." "Wir sollen dir deinen Nachnamen...?", hebt Hinz zu sprechen an. "...Hartz magst du doch aber nicht", fällt Kunz ihm ins Wort. Daraufhin hüpft Hinz mit einem schnellen Sprung zu ihm hin, schiebt sein Mäulchen bzw. Schnäuzchen dicht an seines Bruders Ohr und flüstert grinsend etwas hinein. Kunz' Schnurrhaare beginnen zu vibrieren, er kann sich ein lautes Kichern kaum noch verkneifen und eine Sekunde später legen beide prustend los: "Heißest du vielleicht Kaspar, Melchior, Balzer, Rippenbiest, Hammelswade oder Schnürbein?" Kopfschüttelnd verneine ich und versichere lachend, nicht Rumpelstilzchen zu sein. "Du bist ein Mensch", konstatiert Knut nüchtern. Ich nicke nur stumm. "Du bist unsere Dropsgeberin", verkündet Hinz nicht ohne Hintersinn. Ich nicke wieder, gehe zu ihnen hinüber und gebe jedem einen calciumhaltigen Joghurt-Drops – laut Hersteller für Nager sehr gesund. Knut schnuppert an meiner Hand und lässt sich, nachdem er sich vergewissert hat, dass nicht die verhasste Transportbox bereit steht, das Ganze also kein mieser Trick von mir ist, sogar auf den Arm nehmen. Ich trage ihn zum Computer, von wo aus er nach einem raschen Blick auf die geöffnete Grundeinkommens-Seite seinen Kumpels zuruft: "Sie ist jetzt ein Krauthörnchen!" "Ein was?", entfährt es Hinz. "Käsecroissant wäre besser", kommentiert Kunz. "Willst du mich fressen?", zucke ich erschrocken zusammen. "Ach so, nee, dich nicht", säuselt er kleinlaut. "Knut, erklär mal, was das ist!", fordert Hinz. Knut fasst die Website zusammen: "Krauthörnchen werden Leute genannt, die je nach ihren finanziellen Möglichkeiten unterschiedlich hohe monatliche Beiträge zahlen, von denen dann, sobald genügend Geld zusammengekommen ist, ein Jahr lang einige Grundeinkommen finanziert werden. Wer eines bekommen will, muss sich darum bewerben, wer es dann tatsächlich bekommt, wird ausgelost. Krauthörnchen müssen sich nicht bewerben, die nehmen an den Verlosungen automatisch teil." "Das hast du gut erklärt", lobe ich ihn. "Und wenn du nun aber immer nur einzahlst, aber nie etwas bekommst...", jammert Kunz. "Dann", so räume ich ein, "haben wir halt Pech." "Ich will aber kein Pech! Ich will Käse!", schreit er. "Hey", ermahne ich ihn. "Sei still! Du bist kein quengelndes Kleinkind mehr. Du bist erwachsen." Er gehorcht. Ich setze Knut in den Käfig zurück und gehe in die Küche, um für uns alle Käse zu holen. "Du könntest dich auch nur jedesmal bewerben, ohne je einzuzahlen", wispert Hinz, als ich zurückkomme und ihm ein Käsestückchen zwischen die Zähnchen schiebe, an diesem vorbei. "Ja, sicher", pflichte ich ihm bei, gebe aber zu Bedenken, dass das Geld, das ausgezahlt werden soll, schließlich irgendwo herkommen muss. – Keinem der drei Tiere fällt ein Gegenargument ein.