Mittwoch, 15. April 2015

Herzallerliebste Nagetiere

Als ich lesend im Sessel sitze und es neben mir auf meinem Bett plötzlich raspeln höre, schaue ich hin und was sehe ich?! Drei Ratten sitzen dort und knabbern - woher auch immer sie die haben - Möhren, wobei sie gelegentlich kräftig daneben und Löcher von nicht zu vernachlässigender Größe in meine Bettdecke beißen. "Oh, ihr Ratten!", schimpfe ich. "Ihr abscheulichen, blöden, charakterlosen, doofen, egoistischen, frechen, gemeinen, höllischen..." Weiter komme ich nicht, denn Moritz springt den Weg über die Tischplatte nehmend, wobei er dort abgestellten Tee verschüttet, auf meine Schulter, legt mir eines seiner Vorderpfötchen über den Mund und drückt ihn fest zu. "Psst", flüstert er. "Danke, Moritz", sagt Dachs, "sie würde sonst noch das ganze Alphabet durchfluchen." "Ihr zerbeißt meine Decke!", schreie ich, während ich Moritz' Pfötchen aus meinem Gesicht schiebe. "Wir sind Nagetiere", erläutert Max seelenruhig. "Na und!", erwidere ich seelenunruhig. "Nagt ihr bitte die Nagerbits, die ich euch gekauft habe?!" "Oh, Mann!", stöhnt Dachs, "Nagerbits! Wie langweilig!" "Und außerdem", fügt Max den Worten seines Bruders hinzu, "liegen die im Käfig und jetzt ist es gerade in deinem Bett so gemütlich." Irgendwie will meine Verärgerung nicht so recht verfliegen. "Käfigarrest habt ihr verdient!", grummelt es aus mir heraus. "Was?!", entfährt es Dachs und Max wie aus einem Mäulchen bzw. Schnäuzchen, während sie nebeneinander erschrocken-empört synchron in die Höhe schnellen und auf diese Weise ein beeindruckendes Bild abgeben. "Du willst uns bestrafen?!" "Ich will eigentlich nicht", antworte ich. "Gut. Dann lass' es", belehrt mich Moritz, "denn man soll bekanntlich erwünschtes Verhalten belohnen, statt unerwünschtes zu bestrafen." Ich fühle mich unterlegen und mies, was dadurch, dass Moritz von meiner Schulter springt, nach einem Zwischenstopp in der von ihm fabrizierten Tee-Pfütze wieder auf dem Bett neben seinen Brüdern landet und von dort zu einem Zettel an der Wand über meinem Schreibtisch zeigt, nicht besser wird. "Die wichtigsten Dinge sind keine Dinge", habe ich irgendwann angepinnt. Erschöpft lasse ich mich nun gegen die Sessellehne fallen und seufze: "Ich hätte jetzt Kuschelbedürfnis." "Ich auch", piepst es drei Mal hintereinander von der löchrigen Decke, diesem unwichtigen Ding auf meinem Bett, zu mir herüber und bei jedem Pieps springt eine Ratte ab, um nach einem Bruchteil einer Sekunde auf meinem Schoß zu landen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen