Mittwoch, 27. November 2013

Nachwuchs in Sicht?

„Da steht ein Haus [...], ein Häuschen, kein großes Haus, doch auch kein Zelt, ein Häuschen.“ (Samuil Marschak „Das Tierhäuschen“)

Lieber Ratz, lieber Rabatz,

was treibt Ihr so bei Maja und Dumbi? (Und bei C., der der ganzen Sache aber eher skeptisch gegenübersteht.) Oder sollte ich besser fragen, wie Ihr es treibt? Bunt? Eintönig klingt das, was Maja mir schildert, jedenfalls nicht.
Bei Rabatz' und Dumbis Hochzeit am letzten Sonntag war ich ja zugegen. Da von Menschen arrangiert, die ihr Tun vorab nicht mit Euch besprochen hatten, kam die für Euch wohl viel zu überraschend, als dass Ihr erwartungsgemäß in die Euch zugedachten Rollen, die da gewesen wären Braut, Bräutigam und Trauzeuge, hättet schlüpfen können.
Aber nun, nachdem Rabatz und Dumbi – wenngleich im selben Käfig – zunächst noch in getrennten Betten geschlafen haben, sich zwar ab und an tief in die Augen schauten, fiepten, erneut fiepten, im Käfig einander hinterher jagten, dann aber wieder nur schliefen (getrennt), scheint ja alles recht schnell zu gehen...
Was entnehme ich Majas E-Mail? Ein grauer Rabatz und eine weiße Dumbi liegen zusammen im selben Haus und das Haus ist sehr klein?
Entstehen grau-weiß-gestreifte Babys? Zebra-Rättchen?
Und was sagt Ratz eigentlich zu dem Treiben der beiden anderen?
Na, Ihr werdet zu erzählen haben, wenn Ihr nach Hause kommt.
Euer Käfig in meinem Zimmer ist momentan entschieden zu leer... Eine Spinne war kurzzeitig eingezogen, ich habe sie entfernt.

Es grüßt Euch

Euer Frauchen

P.S.: Ein kleines bisschen ist es aber auch gut, dass Ihr nicht hier seid, denn ich kann von Euch unkommentiert, also ganz in Ruhe, den Adventskalender für meine Lieblingstochter basteln. Gerade eben hat mir der DHL-Bote eine vorletzte Zutat geliefert, versehen mit dem beruhigenden Hinweis, dass ich mit ihrem Erwerb nicht gegen geltendes Recht verstoßen habe.

Beweisphoto

Samstag, 23. November 2013

Diskussion ums Nest-Material

„Na, ihr zwei“, sage ich, als ich nach Hause komme, meinen Rucksack neben das Fahrrad stelle und den Käfig öffnen will, halte dann aber - das Tun der beiden Rattenböcke nicht gut heißend - einen Moment inne und frage kurz darauf: „Wieso schmeißt denn ihr die Zeitungschnipsel alle nach draußen?“ „Die sind unerträglich“, erklärt Rabatz und schaut Ratz seitlich an. „Jawohl“, bestätigt der, „daraus kann man kein kuscheliges Nest bauen, aus diesem Koalitionspoker. Unerträglich! Höhere Krankenversicherungsbeiträge, schön und gut, aber nicht zu Lasten der Arbeitgeber. Pflegereform, schön und gut, aber nicht mit Steuergeldern. Mindestlohn, schön und gut, aber nicht für alle… Die sind doch nicht ganz dicht, diese Christsozialen, Christdemokraten, Sozialdemokraten, wie sie sich nennen! Zwei Mal das Christliche, zwei Mal das Soziale und zwei Mal das Demokratische tragen sie insgesamt in ihren drei Namen! Klingt sehr vielversprechend! Und was tun sie? Oh, traue niemandem!“ Ich lege einen meiner zwei Zeigefinger senkrecht über meine Lippen und bedeute ihm damit Ruhe. „Du hast bestimmt Recht“, gebe ich voller Zynismus scheinbar klein bei. „Ich habe irgendwelches Papier geschreddert und nicht auf Zumutbarkeit geachtet. Was hättest du denn lieber? Das iranische Atomprogramm? Ertrunkene afrikanische Flüchtlinge? Die Euro-Krise? Die gescheiterte Klima-Konferenz?“ „Halt deine Kla…“, will Ratz mich auffordern, kann den Satz aber nicht beenden, weil Rabatz ihm mit den Worten „Hast du nichts Schönes zum Lesen?“ sein Mäulchen bzw. Schnäuzchen zudrückt. „Doch, selbstverständlich“, antworte ich und zeige auf die Bücherregale an den Wänden. „Ihr erwartet hoffentlich nicht, dass ich euch meine Bücher schreddere?“ Ratz befreit sein Sprechwerkzeug aus Rabatz‘ Umklammerung und gibt sich gönnerhaft: „Erwarten dürfen wir das wohl nicht, aber schön wäre es… Das heißt, eigentlich genügt es, wenn du einige Seiten herausreißt, schreddern musst du sie nicht.“ „Ratz“, stöhne ich leise, „wie gut, dass Rabatz und du ab morgen eine Woche zu Maja und Dumbi geht!“ „Zu Maja und Dumbi?“, rufen Ratz und Rabatz freudig wie aus einem Mäulchen bzw. Schnäuzchen. „Zu Maja mit den Photoapparaten und Dumbi mit dem weißen Fell?“ „Genau“, bestätige ich ihnen. „Zu Maja und Dumbi in der Wohnung mit noch viel mehr Büchern als in unserer.“

Freitag, 22. November 2013

Ratz, aufgenommen mit ST72


An der neuen Kamera lassen sich interessante Einstellungen vornehmen. Die hier verwendete - herumspielend und ausprobierend irgendwelche Knöpfe drücken - nenne ich Gemälde, gibt es allerdings laut Benutzerhandbuch nicht.

O-Ton Ratz zum Thema (leicht grummelig): „Lieber vom Leben gezeichnet als von Miriam photographiert.“

Dienstag, 19. November 2013

Traurig

„Geh schlafen“, wispert Rabatz mir durchs Käfiggitter zu, nachdem unser aller heutiger Ausflug in die Küche längst hinter uns liegt. „Du liest doch gar nicht mehr, hältst das Buch nur noch fest.“ „Ich bin nicht müde“, erwidere ich. „Dann lies“, sagt er. „Kann nicht“, seufze ich, „bin traurig.“ Ratz horcht auf: „Was ist denn passiert?“ „Jede Menge. Lies doch selber Zeitung!“, werde ich grantig. „Sei nicht so garstig!“, schimpft er. „Ich will wissen, warum du traurig bist.“ „Und ich auch“, beeilt sich Rabatz hinzuzufügen. Ich öffne den Käfig, die beiden springen in meine Arme, Rabatz knabbert ein wenig an dem Gipsverband, in dem der linke steckt, und fragt: „Ist es deshalb?“ „Quatsch!“, antworte ich. Zwei Ratten schauen mich aus vier Augen fragend an. „Mein Lieblings-Klient liegt im Krankenhaus“, flüstere ich. „Das ist doch aber nicht deine Schuld“, versuchen Ratz und Rabatz mich wie aus einem Mäulchen bzw. Schnäuzchen zu trösten. „Natürlich nicht“, pflichte ich ihnen bei, „aber lasst mich bitte trotzdem traurig sein.“ Zwei Ratten schmiegen ihre Köpfchen an meine Schulter.

Sonntag, 17. November 2013

Das Warten hat ein Ende

Speicherkarte Nr. 2 wurde zugestellt und passt in die neue Kamera. Nun müssen sich alle noch miteinander anfreunden, die Kamera und die Ratten, die Kamera und ich.




O-Ton Ratz zum Thema (sehr beleidigt auf Rabatz deutend): „Das ist wieder einmal typisch! Unscharfe Nokia-Bilder machst du von mir, scharfe Samsung-Photos von dem da.“ 

Im Unrecht ist er, denn ich konnte ihn nicht photographieren, obwohl ich wollte, er hatte sich verkrochen.

Mittwoch, 13. November 2013

Warten

Warten auf die Zusendung einer Micro-SD, denn die erworbene SD ohne Micro erwies sich als Fehlkauf, passt nicht in den Micro-Steckplatz der neuen Kamera und ohne passende Speicherkarte ist kein Ausprobieren möglich, ob mit der neuen Kamera bessere Fotos als mit der im alten Nokia-Handy gelingen...


Warten, warten, warten...

O-Ton Ratz zum Thema: „Ich finde, ich bin auch unscharf hübsch.“

Recht hat er.

Streit mit anschließendem Nicht-mehr-Streit

„Sagt mal, habt ihr nicht mehr alle Tassen im Schrank, Rad ab, Schraube locker, Verstand verloren!“, schimpfe ich, als ich nach Hause kommend meinen Rucksack neben das Fahrrad stelle und zum Rattenkäfig gehe, aus dem ohrenbetäubendes Gezeter dringt. „Warum macht ihr derart entsetzlichen Krach und - vor allem - warum wedelt ihr die halbe Ladung Käfigstreu durchs Gitter nach draußen?!“ „Das sind immer so Fragen!!!“, kreischt Ratz, „ich hoffe, du meinst die rhetorisch und erwartest keine Antworten!“ „Doch, eigentlich schon!“, brülle ich. „Was!“ schreit Ratz, „wir müssen uns hier um die letzte Nuss zanken und dabei auch noch aufpassen, dass wir nicht in die Kacke des jeweils anderen treten, weil du uns ewig nicht Futter gibst und nur mal so gelegentlich hin und wieder den Käfig säuberst, und dann willst du auch noch Antworten?! Ausgerechnet du?!“ Erschöpft lasse ich mich in den Sessel fallen und sage: „Also Futter bekommt ihr heute noch, aber Käfig-Putzen ist erst morgen wieder dran.“ „Das kann doch nicht dein Ernst sein!“, plärrt Ratz. „Doch, doch“, erwidere ich, „und wenn du nicht gleich Ruhe gibst, gibt’s heute nicht nur keine neue Einstreu, sondern auch keinen Spaziergang in die Küche.“ Ratz, der gerade noch etwas ausposaunen wollte, verstummt, lässt aber vor Entsetzen sein Mäulchen bzw. Schnäuzchen offen. „Ich bin müde“, sage ich, „und heute erledige ich nur noch eines, und zwar euch Futter zu geben.“ Ich öffne den Käfig, Rabatz kommt zu mir kuscheln und wispert: „Unser Futter suchen wir uns in der Küche alleine. Du musst nur eines tun, nämlich den Käfig putzen.“ „Käfig-Putzen“, entgegne ich, „ist nicht eines, das sind dreizehn:

01. Von oben nach unten von allen Zwischenetagen und aus dem Sputnik systematisch alle Essenreste und, was ihr sonst noch so hinterlasst, nach unten in die Käfigschale fegen,

02. die Zwischenetagen und den Sputnik auswischen,

03. das obere Käfigteil abheben,

04. das untere Käfigteil abheben,

05. euer Versteckhaus aus Duplo-Bausteinen vorsichtig, damit es nicht auseinanderfällt, aus der Käfigschale heben,

06. die verdreckte Streu und die nasse Zeitung, getrennt nach Papier- und Hausmüll, entsorgen,

07. die Käfigschale auswischen,

08. die Käfigschale mit neuem Papier auslegen und frische Streu einfüllen,

09. das Duplo-Haus wieder hineinstellen,

10. das untere Käfigteil aufsetzen,

11. das obere Käfigteil aufsetzen,

12. geschreddertes oder sonst irgendwie in kleine Stücke gerissenes Papier und Stofffetzen in den Käfig werfen,

13. diverses daneben Gefallenes vom Fußboden aufsaugen.“

„Aber“, und Rabatz schaut mich herzerweichend an, „hast du uns lieb oder hast du uns lieb?“ „Na, das nenne ich Suggestivfrage!“, antworte ich. „Doppelte Suggestion! Natürlich habe ich euch lieb.“ „Gut“, atmet er erleichtert auf, „du schaffst also dreizehn. Und falls doch nicht, zur Not kannst du ja den letzten Arbeitsschritt weglassen.“ Ich gebe mich geschlagen und scheuche Ratz, der noch immer mit offenem Mäulchen bzw. Schnäuzchen im Käfig hockt, mit den Worten „Kannst jetzt wieder zu machen“ dort weg. In der Küche trifft er auf Rabatz und beide finden reichlich Nahrung, sodass sie nicht mehr streiten müssen.

Dienstag, 12. November 2013

Auto fahren mit offenen Schnürsenkeln?

„Na, ihr zwei“, frage ich, als ich nach Hause komme, meinen Rucksack neben das Fahrrad stelle und ihren Käfig öffne, „wollt ihr wissen, welch unsäglich unzulänglichen - um nicht zu sagen behinderten - Eindruck ich heute mal wieder bei meinen Zeitgenossen, zumindest einem von ihnen, hinterlassen habe?“ „Ja“, antworten Ratz und Rabatz wie aus einem Mäulchen bzw. Schnäuzchen, springen mir auf die Schulter, von dort in meinen Schoß und schauen mich neugierig an. „Warst du nicht auf diesem… Na, wie heißt das gleich?... Auf diesem Info-Dingens von diesen Werkhallen auf dem 3. oder 4. – die Nummer ist mir entfallen – Arbeitsmarkt?“, erkundigt sich Ratz. „Ja, ja“, sage ich schmunzelnd, „Infotag der Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstätten für behinderte Menschen Berlin e.V. Aber woher weißt du das nun schon wieder? Hatten wir darüber gesprochen?“ „Der zerknüllte Veranstaltungsflyer lag zum Nestbau im Käfig“, erklärt Rabatz anstelle von Ratz. „Schlief sich übrigens sehr bequem darauf.“ „Aha“, grummele ich vor mich hin, „nichts geht über Leseratten.“ „Dennoch ist unklar“, philosophiert Ratz, „warum du dort behindert wirktest.“ „Tja, warum?“, spreche ich meine Gedanken laut aus. „Vielleicht färbt der Habitus meiner Klienten auf mich ab. Jedenfalls hatte ich mir am Stand der Lankwitzer Werkstätten gerade den Flyer einer Fahrschule speziell für Menschen mit Behinderung gegriffen und las mir mit dem Flyer in der Hand ein Riesenplakat an der Wand durch, auf dem erläutert wurde, warum die Lankwitzer Werkstätten demnächst L-Werk heißen werden, als mich der Fahrschul-Mensch ansprach und fragte, ob ich zu ihm in die Fahrschule wolle.“ „Ich vermute eher“, empört sich Ratz, „dass nicht der Habitus deiner Klienten auf dich übergesprungen ist, sondern die Werkstattbesucher die Intelligenz dieses Fahrschul-Typen zermürben!“ „Das ist eine ziemlich arrogant formulierte Meinung“, kritisiere ich Ratz. „Aber eine ehrliche und berechtigte“, nimmt Rabatz seinen Kumpel in Schutz. „Nun ja“, entgegne ich, „vielleicht lag es ja aber doch zumindest ein wenig auch an mir. In der Vorhalle war mir nämlich ein Schnürsenkel aufgegangen und aus Unlust, ihn wieder zuzubinden, hatte ich seine beiden Enden links und rechts am Fuß vorbei seitlich in den Schuh geschoben. Vielleicht hat der Fahrlehrer gedacht, ich kann keine Schleifen binden und will trotz Ungeschicklichkeit Auto fahren.“ „Stimmt beides nicht!“, quietscht Rabatz übermütig und muss sich vor Lachen den Bauch halten. Ratz indes schimpft: „Ungeschickt ist der! Geschickt formuliert hätte er gefragt, ob sie sich für seine Fahrschule interessiert, nicht aber, ob sie zu ihm dorthin will.“ „Das stimmt allerdings“, gebe ich ihm Recht. Ratz fühlt sich geschmeichelt und kommt kurz kuscheln, findet dann aber schnell zu seiner provozierenden Art zurück: „Was hast du diesem L-Werk-Fahrlehrer eigentlich auf seine Frage nach deinem Interesse an seinem Unterricht geantwortet?“ „Nein, danke“, erwidere ich. „Was sonst?“ „Das war den Umständen entsprechend entschieden zu höflich“, beendet Ratz das Gespräch, nimmt Rabatz am Vorderpfötchen und beide hüpfen in Richtung Küche davon.

Mittwoch, 6. November 2013

Zwei Erfindungen rund ums Buch

„Na, ihr zwei“, frage ich, als ich nach Hause komme, meinen Rucksack neben das Fahrrad stelle und ihren Käfig öffne, „wollt ihr wissen, was ich heute erfunden habe?“ „Du hast mal wieder etwas erfunden?“, täuschen Ratz und Rabatz wie aus einem Mäulchen bzw. Schnäuzchen erstauntes Interesse vor. „Ja“, antworte ich, „zwar nicht insofern erfunden, als dass ich es schon konstruiert, gebastelt, programmiert oder was auch immer und zum Patent angemeldet hätte, vielmehr handelt es sich um Überlegungen, aber die eine halte ich zumindest für originell und die andere sogar für sinnvoll.“ „Aha“, grummelt Ratz mit leicht ironischem Unterton und begibt sich in die Küche, wo es kurz darauf im Brotkasten poltert. „Erzähle mal, was du erfunden hast! Zuerst das Sinnvolle“, fordert Rabatz mich auf. „Eine Leselampe für unterwegs, mit der man abends auch an etwas entlegeneren und somit nicht in städtischer Lichterflut ersäuften, also dunklen Orten, beispielsweise irgendwelchen Haltestellen nicht oft verkehrender Busse, lesen kann“, sage ich. „Manchmal täte sogar im Bus eine Lampe not. Heute musste ich schienenersatzverkehrbedingt mit einem Bus fahren, dessen Fahrgastteil nur während des Ein- und Aussteigens an den Haltestellen beleuchtet wurde, während der Fahrt brannte lediglich in der Fahrerkabine Licht.“ „Du brauchst eine Taschenlampe“, schlussfolgert Rabatz. „Fast“, erwidere ich, „konkret ein Lämpchen, das man am Buchdeckel festklemmen und auf genau die Stelle im Text richten kann, die man gerade liest.“ „Batterie- bzw. akkubetriebene mobile Buchleuchten mit beweglichem Lampenkopf und Befestigungsklipp“, tönt Ratz‘ Stimme aus der Küche, „gibt es schon.“ Daraufhin bin ich sprachlos, Rabatz ebenso, nur sein langanhaltendes Hochgeschwindigkeits-Kratzen mit der Hinterpfote am Ohr – Übersprungshandlung – verhindert die vollkommene Stille, bis Ratz‘ Kopf im Türrahmen über der Schwelle auftaucht und er verkündet: „Steht in der Thalia-Werbung, hast du uns vorgestern geschreddert in den Käfig geschmissen, kannst du nachgucken.“ „Ach, nee, lass nur“, finde ich meine Worte wieder, „keine Lust, Buchladen-Werbung zu puzzlen. Ich glaube dir.“ „Und was ist mit Erfindung Nummer 2?“, fragt Ratz sogleich. Mir wird ganz mulmig und ich stottere: „Hoffentlich gibt es das nicht auch schon, ohne dass ich davon weiß: Bücher mit so vielen Lesebändchen wie Seiten.“ Zwei Rattenböcke erstarren in Reglosigkeit und schauen mich absolut entgeistert an. „Gibt es wahrscheinlich noch nicht. Jedenfalls habe ich noch nichts davon gehört oder gelesen“, beendet Ratz das erneute Schweigen irgendwann. „Ich auch nicht“, schließt Rabatz sich ihm an und fügt hinzu: „Braucht wahrscheinlich auch keiner.“ „Doch, doch, ich schon“, entgegne ich, „ich benutze Lesebändchen nicht, um die Seite zu markieren, an der ich die Lektüre unterbreche. In meinen Büchern liegen die Lesebändchen zwischen den Seiten, die ich leicht wiederfinden will, weil sie mir entweder besonders gut gefallen oder ich dort beim ersten Lesen etwas nicht verstanden habe oder ich später Passagen mit anderen Texten vergleichen oder herausschreiben will…“ „Und das ist auf allen Buchseiten der Fall?“, spottet Ratz, „Warum willst du Bücher mit so vielen Lesebändchen wie Seiten?“ „Natürlich sind nicht in jedem Buch alle Seiten eine besondere Hervorhebung oder Markierung wert“, lenke ich ein, „aber theoretisch besteht doch die Möglichkeit.“ – „Selbst dann bräuchtest du nur halb so viele Lesebändchen wie Seiten, zwischen zwei Seiten liegt jeweils nur eines.“ – „Und wenn ich beide Seiten markieren will?“ – „Dann legst du ein Bändchen dazwischen und steckst einen Zettel dazu mit einer 2 darauf.“ – „Der Zettel kann herausfallen.“ Rabatz mischt sich stirnrunzelnd ins Gespräch: „Hefte doch einfach, bevor du das Buch ins Regal stellst, einen Klebezettel auf dessen Buchrücken: Noch einmal lesen!“ Betretenes Schweigen meinerseits. Ratz zieht Rabatz beiseite und raunt ihm zwar leise, aber doch so, dass ich es hören kann, ins Ohr: „Das hättest du jetzt nicht sagen dürfen. Als nächstes erfindet sie Klebezettel.“ Beide lachen und stecken mich noch schnell damit an, bevor sie in die Küche und dort auf Nahrungssuche gehen.

Sonntag, 3. November 2013

Fragwürdige Anti-Ratten-Werbung

„Wieso schaltest du in deinem Blog Werbung für Rattengift, Rattenköder, Rattenfallen…?!“, schimpft Rabatz, der aufgeregt neben Ratz vorm Bildschirm sitzt und mit ihm liest, was ich so über unser Familienleben ausplaudere. „Ich schalte die Rattentötungswerbung nicht“, versuche ich zu beschwichtigen, „jedenfalls nicht direkt. Ich habe lediglich AdWords zugestimmt und die Werbung von Google basiert auf Keywords. Es erscheinen Anzeigen von Anbietern, größtenteils Gewerbetreibenden, deren Suchbegriffe von mir häufig verwendete Wörter sind.“ „Du schreibst doch aber gar nicht über Rattengift, Rattenköder, Rattenfallen…“, mischt sich Ratz irritiert ins Gespräch. „Nein, aber über Ratten“, sage ich. „Hier muss Werbung hin für liebe Ratten, kluge Ratten, tröstende Ratten, hungrige Ratten…“ „Ja, der ewige Hunger!“, falle ich Rabatz ins Wort, „Küchenmöbelwerbung hatten wir auch schon, weil so oft von unserer Küche die Rede ist.“ „Arrrgh!“, schreien Ratz und Rabatz wie aus einem Mäulchen bzw. Schnäuzchen, „Nicht Küchenmöbel! KÄSE!“ „Hm“, grummele ich und Ratz sinniert: „Du hast also AdWords zugestimmt… Lässt sich das nicht wieder wegstimmen? Oder kriegst du Geld dafür, dass auf dem Blog Werbung erscheinen darf?“ - „Ich bekomme dafür Geld.“ - „Viel?“ - „Nein.“ Schweigen. „Und warum“, forscht Rabatz nach einer Weile weiter, „haben wir hier keine Werbung, die auf Blogs anderer Rattenliebhaber führt?“ „Weil Rattenblogger nicht in Werbeanzeigen investieren“, erkläre ich. „Mist!“, mault er. „Aber Werbung für das online-Spiel Die Ratten hat Google schon mehrmals geschaltet, beruhigt dich das?“, frage ich. „Etwas“, flüstert er und kommt kuscheln.

(Ent)gleitende Sicht

„Sage mal“, fordert Rabatz mich auf, als ich nach Hause komme, meinen Rucksack neben das Fahrrad stelle, den Käfig öffne, meinen Computer hochfahre, zwei von drei Brillen – Nr. 3 habe ich auf der Nase – auspacke und auf den Tisch lege, „hattest du nicht kürzlich erst gesagt, dir eine Gleitsichtbrille verschreiben lassen zu wollen, damit du nicht länger mit zwei Brillen hantieren musst, weil dich das ständige Auf und Ab, also das Wechseln der Brille vor und nach jeder Beschäftigung mit irgendwelchen Fitzelchen im Nahbereich, so fürchterlich nervt? Stattdessen hast du nunmehr drei Brillen, zwischen denen du fortwährend wechselst?“ „Nicht stattdessen, sondern weil“, antworte ich mürrisch. „Hä?“, fragen mich die beiden Rattenmänner wie aus einem Mäulchen bzw. Schnäuzchen. „Eine dieser drei Brillen ist die neue mit Gleitsicht, mit der allerdings, was ich sehen will, weitestgehend aus meiner Sicht gleitet“, erkläre ich. Ratz und Rabatz unterbrechen mich – verständlicherweise – mit einem erneuten „Hä“. „Also“, setze ich meine Ausführung fort, „in den Worten der Optikerin klingt das ungefähr so: Mit der Gleitsichtbrille muss ich völlig neu sehen lernen, was bis zu ½ Jahr dauern kann. Ich soll mit wenigen Minuten täglich anfangen und die Dosis kontinuierlich steigern.“ Rabatz springt übermütig in Richtung Küche davon und landet – dem Geräusch nach zu urteilen – im Abwaschberg. „Siehst du mich?“, ruft er. „Nein!“, schreie ich zurück, „Erstens ist eine Wand zwischen uns und zweitens habe ich gerade die falsche Brille auf. Aber ich kann dich gut hören.“