Samstag, 30. Juli 2016

Bewerbung um einen Arbeitsplatz (herum)

„Mensch, geh doch mal ein Stück beiseite“, schimpfe ich mit Hinz, während ich seine Pfötchen von der Tastatur schiebe. „Ich bin kein Mensch“, schnieft er gekränkt. „Entschuldige, liebe Ratte“, bitte ich ihn. Er nimmt die Entschuldigung an und fragt: „Warum guckst denn du so verzweifelt?“ „Ich gucke verzweifelt?“, zweifele ich. „Ich fühle mich eher ratlos.“ „Du guckst irgendwie gerade verzweifelt und ratlos“, konstatiert Kunz, der sich zu uns gesellt. Ich raufe mir die Haare und erläutere: „Eine Freundin von mir geriet in Bedrängnis. Sie ist seit kurzem arbeitslos und wurde nun von ihrer Arbeitsvermittlerin dazu angehalten, sich als Arbeitsvermittlerin zu bewerben. Es werden welche gesucht.“ „Das will sie hoffentlich nicht tun?!“, rufen Hinz und Kunz entsetzt wie aus einem Mäulchen bzw. Schnäuzchen. „Richtig“, seufze ich, „das will sie nicht tun.“ „Und wo ist das Problem?“, erkundigt sich Hinz. „Sie weiß nicht, wie sie sich geschickt herauswinden kann, denn über die fachliche Eignung verfügt sie“, sage ich. „Sie muss nur bei der Bewerbung alles falsch machen“, schlägt Hinz vor. „Die Fehler wird ihr niemand glauben“, gebe ich zu Bedenken, „denn sie ist Akademikerin und Literatin.“ „Hm“, brummt Kunz. „Dann rate ihr, sich richtig zu bewerben, aber eben ganz besonders richtig.“ „Du meinst?“, hake ich nach. „Na korrektes Anschreiben, Lebenslauf, Zusammenstellung von Zeugnissen bzw. Zertifikaten und als zusätzliches Schmankerl... die so genannte Dritte Seite, ein Motivationsschreiben“, führt er aus. Ich verdrehe die Augen und weise darauf hin, dass sie doch aber unmotiviert sei. „Nun ja“, präzisiert Kunz, „so darf sie das freilich nicht formulieren. Sie muss schreiben, dass sie selbstverständlich niemals jemandem vorschlägt, sich auf eine Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung einzulassen, wenn diese der Eingliederung in den Arbeitsmarkt nicht dienlich ist, dass sie niemals Schülerinnen und Schüler, auch wenn die älter als 15 Jahre sind, Eingliederungsvereinbarungen unterschreiben lässt, dass sie jederzeit Verständnis dafür aufbringt, wenn psychisch kranke Langzeitarbeitslose sich zu Terminen verspäten oder sie gänzlich versäumen, und nicht zuletzt ihr großes Vorbild in Inge Hannemann sieht, also grundsätzlich niemandem das Existenzminimum streitig macht.“ Hinz klatscht daraufhin begeistert in seine Vorderpfötchen und ich nicke hochachtungsvoll. „Genau das werde ich meiner Freundin empfehlen“, stimme ich Kunz zu und beginne mit dem Tippen der E-Mail.

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