Mittwoch, 13. November 2013

Streit mit anschließendem Nicht-mehr-Streit

„Sagt mal, habt ihr nicht mehr alle Tassen im Schrank, Rad ab, Schraube locker, Verstand verloren!“, schimpfe ich, als ich nach Hause kommend meinen Rucksack neben das Fahrrad stelle und zum Rattenkäfig gehe, aus dem ohrenbetäubendes Gezeter dringt. „Warum macht ihr derart entsetzlichen Krach und - vor allem - warum wedelt ihr die halbe Ladung Käfigstreu durchs Gitter nach draußen?!“ „Das sind immer so Fragen!!!“, kreischt Ratz, „ich hoffe, du meinst die rhetorisch und erwartest keine Antworten!“ „Doch, eigentlich schon!“, brülle ich. „Was!“ schreit Ratz, „wir müssen uns hier um die letzte Nuss zanken und dabei auch noch aufpassen, dass wir nicht in die Kacke des jeweils anderen treten, weil du uns ewig nicht Futter gibst und nur mal so gelegentlich hin und wieder den Käfig säuberst, und dann willst du auch noch Antworten?! Ausgerechnet du?!“ Erschöpft lasse ich mich in den Sessel fallen und sage: „Also Futter bekommt ihr heute noch, aber Käfig-Putzen ist erst morgen wieder dran.“ „Das kann doch nicht dein Ernst sein!“, plärrt Ratz. „Doch, doch“, erwidere ich, „und wenn du nicht gleich Ruhe gibst, gibt’s heute nicht nur keine neue Einstreu, sondern auch keinen Spaziergang in die Küche.“ Ratz, der gerade noch etwas ausposaunen wollte, verstummt, lässt aber vor Entsetzen sein Mäulchen bzw. Schnäuzchen offen. „Ich bin müde“, sage ich, „und heute erledige ich nur noch eines, und zwar euch Futter zu geben.“ Ich öffne den Käfig, Rabatz kommt zu mir kuscheln und wispert: „Unser Futter suchen wir uns in der Küche alleine. Du musst nur eines tun, nämlich den Käfig putzen.“ „Käfig-Putzen“, entgegne ich, „ist nicht eines, das sind dreizehn:

01. Von oben nach unten von allen Zwischenetagen und aus dem Sputnik systematisch alle Essenreste und, was ihr sonst noch so hinterlasst, nach unten in die Käfigschale fegen,

02. die Zwischenetagen und den Sputnik auswischen,

03. das obere Käfigteil abheben,

04. das untere Käfigteil abheben,

05. euer Versteckhaus aus Duplo-Bausteinen vorsichtig, damit es nicht auseinanderfällt, aus der Käfigschale heben,

06. die verdreckte Streu und die nasse Zeitung, getrennt nach Papier- und Hausmüll, entsorgen,

07. die Käfigschale auswischen,

08. die Käfigschale mit neuem Papier auslegen und frische Streu einfüllen,

09. das Duplo-Haus wieder hineinstellen,

10. das untere Käfigteil aufsetzen,

11. das obere Käfigteil aufsetzen,

12. geschreddertes oder sonst irgendwie in kleine Stücke gerissenes Papier und Stofffetzen in den Käfig werfen,

13. diverses daneben Gefallenes vom Fußboden aufsaugen.“

„Aber“, und Rabatz schaut mich herzerweichend an, „hast du uns lieb oder hast du uns lieb?“ „Na, das nenne ich Suggestivfrage!“, antworte ich. „Doppelte Suggestion! Natürlich habe ich euch lieb.“ „Gut“, atmet er erleichtert auf, „du schaffst also dreizehn. Und falls doch nicht, zur Not kannst du ja den letzten Arbeitsschritt weglassen.“ Ich gebe mich geschlagen und scheuche Ratz, der noch immer mit offenem Mäulchen bzw. Schnäuzchen im Käfig hockt, mit den Worten „Kannst jetzt wieder zu machen“ dort weg. In der Küche trifft er auf Rabatz und beide finden reichlich Nahrung, sodass sie nicht mehr streiten müssen.

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